Kuhmilch – gesund oder ungesund?

11.02.2021

Schon vor etwa 6000 Jahren setzten die Menschen Kuhmilch in ihrer Ernährung ein – es war und ist seit jeher ein Grundnahrungsmittel. Auch heute noch erfreut sich die Kuhmilch großer Beliebtheit und sei es lediglich beim Frühstück im Müsli oder Kaffee.

Obwohl die Milch ein natürliches Lebensmittel ist, mehren sich die Zweifel, ob Kuhmilch tatsächlich so gut ist, wie immer behauptet wird, und ob ihr Verzehr uneingeschränkt empfohlen werden kann. Einige Wissenschaftler geben zu bedenken, dass erhöhter Milchkonsum sich ungünstig auf die Gesundheit auswirken kann. So zeigten Untersuchungen, dass die Milch mitunter zu Übergewicht, verstärkter Aknebildung, Allergien, Diabetes und auch zu verschiedenen Krebserkrankungen führen kann. 

 

Die wertvollen Nährstoffe der Milch

Für die Entwicklung und intensive Wachstumsphase der Babys und Kleinkinder ist die Kuhmilch ein vollwertiges Lebensmittel, das alle wichtigen und notwendigen Nährstoffe enthält. Sie versorgt den Körper mit Energie in Form von Lactose (Milchzucker), mit Fett und Eiweiß, dem wichtigsten Baustoff für fast alle Körperzellen, sowie mit zahlreichen Mineralstoffen und Vitaminen. Insbesondere der hohe Calciumgehalt wird immer gern hervorgehoben und beworben für „starke Knochen“. Daher resultiert auch die Empfehlung im Erwachsenenalter möglichst oft Milch- und Milchprodukte zu konsumieren, um einer Osteoporose vorzubeugen.

 

Milch-Calcium für starke Knochen?

Gegen die bekannte Theorie, dass Milch und ihr enthaltenes Calcium die Knochen stärken, spricht eine Publikation, die die Wissenschaftler Walter Willett (Epidemiologe) und David Ludwig (Endokrinologe) von der Harvard T.H.Chan School of Public Health 2020 in Boston vorgestellt haben. Nach deren Daten, die in den Ländern Dänemark und Schweden erfasst wurden, stieg mit zunehmenden Verzehr von Milch und Milchprodukten das Knochenbruchrisiko im Vergleich zu Ländern wie China und Indonesien, wo kaum Milch und Milchprodukte verzehrt werden.

In einer weiteren Studie konnte auch aufgezeigt werden, dass ein erhöhtes Frakturrisiko im Alter in Verbindung steht mit einem häufigen Milchkonsum in der Kindheit. Diese Ergebnisse erklären sich die Wissenschaftler damit, dass lange Zeit nicht bekannt war, dass das Calcium aus der Nahrung nur dann in ausreichender Menge in die Knochen eingelagert werden kann, wenn ausreichend Vitamin D und Magnesium zur Verfügung stehen.

 

Milch-Calcium und Krebs

Trotz dieser negativen Erkenntnisse bietet der Calciumreichtum der Milch Vorteile für die Gesundheit. Die Wissenschaftler sind der Meinung, dass Milch und Milchprodukte das Risiko für Dickdarmkrebs senken können. Hintergrund hierfür ist die Tatsache, dass das Calcium der Milch in der Lage ist, schädliche Abbauprodukte von Gallensäuren, die im Verdacht stehen, Wucherungen der Darmschleimhaut zu fördern, im Darm zu binden und auszuscheiden.  

Allerdings fand der World Cancer Research Fund nach Auswertungen internationaler Daten auch Hinweise darauf, dass Milch das Risiko für Prostatakrebs erhöhen kann. Dies wurde jedoch nur bei Männern beobachtet, die über einen längeren Zeitraum extrem viel Milch (1 Liter) und Milchprodukte (100 g Hartkäse) pro Tag verzehrten. Welcher Mechanismus hierfür verantwortlich ist, ist noch nicht abschließend geklärt.

 

Die „bösen“ Fette der Milch

Von allen Bestandteilen der Milch ist ihr Fett derzeit das spannendste Studienobjekt der Wissenschaft: Das Milchfett besteht zu etwa 70 % aus gesättigten Fettsäuren, die lange Zeit kritisch betrachtet wurden, weil sie als klassische Risikofaktoren für Arteriosklerose und Herzinfarkt gelten. Doch Milchfett wirkt nach neuen Erkenntnissen keineswegs so schädlich, wie man es lange Zeit gedacht hat. Man glaubt nun heute die Ursache dafür zu kennen, denn die winzigen Fetttröpfchen werden von einer Membran umhüllt, die unter anderem auch aus Proteinen und Phosphor besteht. Offensichtlich scheint Milchfett dann besonders gesund zu sein, wenn diese Struktur erhalten bleibt. Denn in einem Experiment haben Ernährungsexperten und Wissenschaftler festgestellt, dass Butter die LDL-Konzentration im Blut erhöht, während bei Sahne dieser Effekt nicht auftrat.

Man geht davon aus, dass bei der Herstellung der Butter die Membran der Fetttröpfchen zerstört wird. Denn um das Butterfett aus der Milch gewinnen zu können, muss die Milch zentrifugiert werden. Dabei entstehen extrem starke Schleuderkräfte, die die Strukturen zerstören.

 

Milch ist nicht gleich Milch

In den Kühlregalen der Supermärkte werden heutzutage unterschiedliche Sorten Kuhmilch angeboten. Nahezu immer ist Milch pasteurisiert (15-30 Sek. auf 72°C). Neben der klassischen Wärmebehandlung haben Forscher weitere Konservierungsmethoden entwickelt, die Keime abtöten. Je rigoroser man dabei vorgeht, desto stärker verändert sich die Milch.

In Supermarkt werden derzeit vor allem drei wärmebehandelte Sorten, sowohl konventionell als auch als Bio-Milch, angeboten:

  • „traditionell hergestellte“ Frischmilch (pasteurisiert, gekühlt 10 Tage haltbar)
  • „länger haltbar“ (wenige Sekunden auf 127°C erhitzt, ungeöffnet 3 Wochen haltbar)
  • „H-Milch“ (135°C erhitzt, ungeöffnet bis zu 6 Monate haltbar)

Durch die Wärmebehandlung wird ein Teil der Vitamine in Mitleidenschaft gezogen. Aber einen durchaus größeren Einfluss auf die Qualität der Milch stellt die Homogenisierung dar. Die Milch wird unter Hochdruck durch engmaschige Filter gepresst. Dadurch werden größere Fettansammlungen fein verteilt und ein Aufrahmen der Milch verhindert. Durch diesen Prozess werden aber auch Eiweißstrukturen auseinandergerissen. Diese Fragmente können teilweise von den Verdauungsenzymen nicht aufgespalten werden und können so eine Belastung für den Darm darstellen.

Milch, die für die Käseherstellung, für Joghurt und fermentierte Milchprodukte verwendet wird, wird nicht homogenisiert.

 

Milch - ein Nahrungsmittel kein Getränk

„Die Dosis macht das Gift“ – Milch als Getränk zu nutzen, ist fehl am Platz. Denn zur Erfrischung braucht ein Körper vor allem Wasser und nicht zusätzliche Kalorien. In vielen Studien werden drei Gläser Milch täglich bereits als „stark erhöhter Konsum“ mit womöglich ungesunden Folgen eingestuft. Diese Menge ist schnell erreicht, wenn man etwa mehrmals am Tag Café Latte, Kakao, Milchshakes oder Müsli mit Milch zu sich nimmt.

Und so empfiehlt auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) lediglich 200 bis 250 Gramm Milch und Milchprodukte pro Tag zu konsumieren – sofern keine Lactose-Intoleranz oder Milcheiweiß-Allergie vorliegt.

 

Wie steht Metabolic Balance zu Milch?

Auch für Metabolic Balance ist die Kuhmilch in wohl dosierten Mengen ein ernährungsphysiologisch hochwertiges Lebensmittel, dessen gesundheitliche Aspekte nicht zu unterschätzen sind. Durch unsere Regel „zu jeder Mahlzeit ein anderes Eiweiß“ wird auch ein übermäßiger Verzehr vermieden, der sich ungünstig auswirken könnte. Kuhmilch sollte immer einen Fettgehalt von mindestens 3,5 % haben - gerne auch mehr (Kuhmilch direkt vom Bauernhof). Empfehlenswert ist zudem, sich für Kuhmilch in Bio-Qualität zu entscheiden, die möglichst schonend verarbeitet wurde.

Trotz der vielfältigen positiven Aspekte berücksichtigt Metabolic Balance auch die Tatsache, dass viele Menschen auf der Welt keine Kuhmilch vertragen können. Das liegt unter anderem daran, dass das Enzym Lactase, welches den Milchzucker aufspaltet, aufgrund genetischer Disposition nicht oder nur unzureichend im Darm gebildet wird. Unverdaut gelangt der Milchzucker in den Dickdarm und entzieht der Darmschleimhaut das Wasser, was zu Durchfall führt. Außerdem wird er von Bakterien zersetzt. Dabei entstehen unter anderem Kohlendioxid, Wasserstoff und Methan, was zu starken Blähungen führen kann.

Als adäquaten Ersatz für die Kuhmilch, insbesondere um ausreichend Calcium aufzunehmen, bieten sich, neben Sojabohnen, Tofu und fermentierten Lebensmitteln, zahlreiche pflanzliche Lebensmittel wie Brokkoli, Grünkohl, Chinakohl, Pak Choi oder Hülsenfrüchte und Süßkartoffeln an.

 

Quellen:

  1. Milk and Health; Walter C. Willett, M.D., Dr.P.H., and David S. Ludwig, M.D., Ph.D; N Engl J Med 2020; 382:644-654 DOI: 10.1056/NEJMra1903547
  2. Milk Consumption During Teenage Years and Risk of Hip Fractures in Older Adults; Diane Feskanich, ScD1; Heike A. Bischoff-Ferrari, MD, DrPH2,3; A. Lindsay Frazier, MD1,4; et al; JAMA Pediatr. 2014;168(1):54-60.  doi:10.1001/jamapediatrics.2013.3821
  3. Calcium Intake and the Incidence of Forearm and Hip Fractures among Men; William Owusu, Walter C. Willett, Diane Feskanich, Alberto Ascherio, Donna Spiegelman, Graham A. Colditz

 

Metabolic Balance - Silvia Bürkle

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